Klingenberg am Main, die Heimat von Anneliese Michel
Heute werde ich einmal wieder das Schnappwort für einen Aufreger benutzen, der mir schon länger am Herzen liegt.
Und dazu muss ich auch mal wieder etwas länger ausholen. Das ganz Drama spielt in Unterfranken im idyllischen Klingenberg am Main.
Inhalt:
Das Martyrium der Anneliese Michel
Der kleine Weinort Klingenberg am Main liegt am Bayerischen Untermain ganz in der Nähe von meinem Wohnort. Dort starb 1976 mit 24 Jahren die Studentin Anneliese Michel an den Folgen einer Teufelsaustreibung.
Die aus einem bigotten Elternhaus stammende junge Frau war hochintelligent, litt aber seit der Kindheit an einer speziellen Form der Epilepsie, sowie an diversen anderen Erkrankungen. Die Eltern, überzeugt und fanatisch wie man nur sein kann, glaubten, dass ihre von religiösen Wahnvorstellungen geplagte Tochter vom Teufel besessen sei und bestellten einen Exorzisten. Dazu wurde vom Pfarrer die offizielle Erlaubnis und Unterstützung der katholischen Kirche eingeholt. Die Leitung des zuständigen Gremiums hatte zu dieser Zeit ein gewisser Josef Ratzinger, nun Papst a.D., inne.
Der Exorzismus
Als Anneliese Michel an dieser Exorzierei starb, wog sie nur noch 31 Kilo, hatte mehrere gebrochene Rippen, Organschäden und Hämatome am ganzen Körper.
Damals habe ich noch nicht in dieser Gegend gewohnt. Aber ich habe mir von Zeitzeugen und Insidern versichern lassen, dass dieser Vorfall an Grausamkeit, Herzlosigkeit und wahnvoller Dummheit seinesgleichen sucht. Vielleicht kennt ihr den amerikanischen Kinofilm “Der Exorzismus der Emily Rose”. Er basiert auf dem Martyrium von Anneliese Michel, soll aber – so meine Quellen – dies Geschehen in einer sehr moderaten Form wiedergeben. Und das kann man sich kaum vorstellen.
Wenn ihr mehr über Anneliese Michel wissen wollt und gute Nerven habt, dann sucht doch mal nach dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag.
Klingenberg am Main
Nun sollte man meinen, dass nach 37 Jahren Klingenberg endlich zur Ruhe kommen kann, zumal inzwischen etliche Beteiligte des Exorzismus’ verstorben sind. In welcher Hölle sie für ihre Taten büßen müssen, kann man dabei einer anderen Gerichtsbarkeit überantworten. Ab und zu dreht Pro7 oder RTL einen “spannenden” “Tatsachen”bericht, bei dem man den Friedhof zeigt und vergeblich versucht, die Mutter zu interviewen.
Nun gab es aber in diesem Juni bislang drei Brände in Klingenberg, deren Ursachen noch unklar sind. Womöglich handelt es sich hier um Brandstiftung. Alle Brände, bzw. Brandorte weisen eine gewisse Nähe (geografisch, besitzrechtlich) zu der Familie Michel auf, was in einem kleinen Ort, in dem die Hälfte der Bevölkerung den Namen Michel trägt, nicht groß erstaunen sollte.
Doch die Verschwörungstheoretiker und Sensationsgeilen schlafen nie. Sie sehen in dem Datum des ersten Brandes die Zahl des Teufels (6.6.2013) und identifizieren in einem Zeitungsfoto einwandfrei Dämonen und Teufelsfratzen in den Flammen. Und reden sich mit blöden Geschichten und dummen Theorien in Rage.
Was hier eindeutig fehlt, ist die Vernunft!
Hallo Sabine,
ich bin ganz bei dir, dieses Ereignis entbehrt völligst der Vernunft. Ich habe mir schon einiges zu diesem Fall angesehen und auch belesen. Der einzige Film, der es vermutlich ansatzweise schafft, sich in die Hölle vor dem Exorzismus des Mädchen zu versetzen ist Requiem von Hans-Christian Schmid. Hier wird die Geschichte des Mädchen im Vordergrund behandelt, dass ist meiner Meinung nach recht gut gelungen. Er ist nicht reißerisch á la Hollywood und dreht sich nicht vorrangig um den Exorzismus. Das man im Mittelalter, als man noch nicht so weit war geistige Erkrankungen zu erkennen und zu behandeln, an etwas wie Besessenheit glaubte, ist nicht weiter verwunderlich. Das dies in den 70ger Jahren aber noch der Fall war und unvorstellbar.
Liebe Grüße und schönen Sonntag
Sandra
Teufelsaustreibungen gab es zu dieser Zeit wohl sehr oft. Wie gut das diese Zeiten echt vorbei sind, denke schon das es das noch gibt, aber nicht so wie früher
Von Teufeln und Konsorten halte ich mich fern – lauter Spinner, die daran glauben.
Vernunft ist eines meiner Lieblingsworte, das kann man fassen.
Liebe Grüße Trudi
@Daggi: ja, 1976 ist noch gar nicht so lange her. Diese zeitliche Komponente schockiert mich fast ein wenig.
LG
Sabienes
@Sandra: Von dem Film ‘Requiem’ habe ich gehört, aber nie gesehen. Hörte aber, dass er gut sein soll. ‘Emily Rose’ ist natürlich sehr amerikanisch, aber in den Grundzügen auch nicht schlecht.
LG
Sabienes
@melliausosna: Wirklich? Teufelsaustreibungen in den 70ern? Diese Zeit verbinde ich eher mit der RAF und diesem ganzen Terroristen-Fahndungs-Wahnsinn. Aber von Teufelsaustreibungen hatte ich nie was gehört.
LG
Sabienes
@Trudi: “Vernunft kann man fassen” – da ist was Wahres dran!
LG
Sabienes
nun musste ich doch im ersten moment richtig grübeln. ich wusste das der film auf eine wahre begebenheit beruht, aber ich wusste ehrlich nicht das es sich um eine deutsche handelt.
nur verstehe ich nicht wie man zu der zeit noch überhaupt an so etwas glauben konnte. man kann doch davon ausgehen das wir in den 70iger jahren schon so weit waren um nicht mehr an solche dinge zu glauben…….
arme junge frau, tut mir wirklich leid was sie mitmachen musste.
und die vernunft sollten wir immer wieder walten lassen.
wünsche dir einen schönen sonntag :)
@Danny: Der Zeitfaktor wundert mich auch immer wieder, gerade dass mancht diese Geschichte so unfassbar.
LG
Sabienes
ich bin echt sprachlos….1976 wurde sowas noch durchgeführt ? Ich dachte das liegt schon lange zurück….und dann auch noch hier in Deutschland ? Das erstaunt mich jetzt allerdings….
Dass es da noch an der Vernunft gefehlt hat ist ja schon heftig….danke dir für den informativen Beitrag…war mir so gar nicht klar, dass es das ein Jahr nach meienr Geburt, noch gab….
LG und einen schönen Sonntag
Bibi
@Bibilotta: Nicht zu fassen, oder! Und diese Gegend hier liegt im Ballungsraum Frankfurt und war mit Sicherheit auch damals nicht komplett am Ende der Welt. Und heute noch fangen Leute an, in Flammen irgendwelche Teufel zu sehen und kochen die ganze Angelegenheit wieder auf.
LG
Sabienes
ich habe mir das jetzt auch mal in Wikipedia durchgelesen….. eine schande was sie der frau angetan haben. das ist wirklich schrecklich und wenn man sich bedenkt das alles zu einer zeit die man für “modern” hält.
Und wenn man dann mal darüber nachdenkt das die leute jetzt noch einen zusammenhang herstellen zwishcen der anneliese und den feuern, ne da bezweifel ich wirklich das die leute auch nur ansatzweise ihr hirn anstrengen.
Die Geschichte zeigt für mich, dass vieles an der (v.a. katholischen) Kirche äußerst fragwürdig ist und alles andere als vernünftig. Wenn man sie auf entsprechende Gemüter loslässt, stellt sie eine große Gefahr dar und es ist wirklich ein Skandal, dass ein aktiv Beteiligter später Papst wird. Für mich ist sowas eine Bestätigung dafür, dass es richtig ist, dem Verein nicht anzugehören. Und ich kann mir leider vorstellen, dass solche Vorfälle auch heute noch denkbar sind.
Liebe Sabiene,
diese – leider wahre – Geschichte stimmt einen schon zutiefst nachdenklich und lässt einen wirklich an der Vernunft der Menschen zweifeln.
Man kann diese Geschehnisse nicht ungeschehen machen, sollte aber alles menschenmögliche dafür tun, dass sich so etwas nicht weiter wiederholt.
Liebe Grüße
moni
Teufelsaustreibungen und das vor 37 Jahren! Das schockiert mich nun auch. Und der Herr Papst a.D. hatte die Leitung inne – ging das an mir vorbei oder wurde das durch die Presse ausgeschmiert? Kann mich gar nicht entsinnen. Zur Geschichte hast du ein tolles Schnapp-Wort gefunden. Ein wenig Vernunft, das würde vielen gut stehen.
LG Romy
Emily habe ich auch geschaut, aber das Requiem hat mir besser gefallen :mrgreen:
Wieder ein schönes Foto und die Geschichte, das wusste ich so auch noch nicht. Man lernt nicht aus.
@Iris: Aber nach meiner Meinung findet man Fanatismus überall, und besonders im Zusammenhang mit Religionen.
LG
Sabienes
@Danny: Erschreckend, nicht wahr?
LG
Sabienes
1976??? Wie kann das möglich sein? Da war ich 6 Jahre alt und ich dachte immer ich wäre in eine moderne und zukunftsorientierte Welt geboren. Das sind ja Praktiken aus dem Mittelalter. Du hast wirklich recht, was am meisten schockiert ist, die Jahreszahl des Verbrechens und danach oder gleichauf, dass es unser deutscher Pabst war, der maßgeblich für diese Grausamkeit verantwortlich zeichnet. Die Frage stellt sich nun, wie konnte er noch Pabst werden??? Es ist unglaublich. Mir ist ganz schlecht jetzt.
@Peggy: Vorsicht! Der Ratzi war nicht verantwortlich für den Fall Anneliese Michel. Aber die “Abteilung”, der er damals vorstand, hat sich mit diesen Aspekten des Glaubens beschäftigt.
LG
Sabienes
Erstaunlich, ich in nun in keiner Weise gläubig und kann nur für euch hoffen, das dass mit den Bränden aufhört und so wieder Ruhe in euren Ort einkehrt …
Das ist wirklich mehr als erschreckend….ich kanns gar nicht fassen, wie man sowas noch da hineininterpretieren kann…. wo ist da der gesunde Menschenverstand geblieben ? Mal sowas von auf der Strecke….werd mir später das mal auf Wikipedia noch durchlesen….und ich ahne schlimmes…
Ich kann echt nicht mehr viel dazu sagen, ich bin echt geschockt, was damals noch vor sich ging…ich kann echt nur den kopf schütteln und ja…. ich danke dir für den *Wink*…denn sonst hätte ich das so gar nicht wahrgenommen, bzw. erfahren….echt schlimm…
@Enrico: Da musst du gar nicht gläubig sein oder so. Ich denke, mit dieser Sensationsgier ist niemand geholfen, schon gar nicht dieser jungen Frau. Aber das ganze Gedöns jetzt zieht nur Spinner an.
LG
Sabienes
@Bibilotta: Da fehlen einem echt die Worte, oder?
LG
Sabienes
Ich bin sprachlos vor Entsetzen… am meisten auch über das Datum: 1976?! Das kann doch nicht sein, ich habe es nochmal gelesen… Wie schrecklich dumm müssen denn die Leute gewesen sein? Naja, was ich von der Kirche, besonders der kathiloschen, halte, möchte ich nicht näher ausführen. das ist doch echt das Hinterletzte.
Sabienes… ich rege mich grad mit auf! und gehe jetzt den Artikel lesen…
LG Claudia
@ClauDia: Diese zeitliche Nähe wundert mich auch immer wieder. 1976 ist man auch am Bayerischen Untermain nicht mehr auf den Bäumen gehockt. Und dass die Kirche das damals legitimisiert hat, ist sowieso ein dicker Hund. Aber die übelste Rolle spielen für mich die Eltern, die zwar den Tod ihrer Tochter immer wieder bedauert haben, sich aber froh und glücklich zeigten, weil ja nun schließlich ihre Seele gerettet worden ist.
Und das ist krank.
LG
Sabienes