Wohnraum mit Kind – Sind Kinder überhaupt erwünscht?
Trotz allen Anstrengungen des Familienministeriums, mit Verlockungen wie einem Elterngeld die Reproduktionsfreude der Deutschen anzuheizen, ist hierzulande die Geburtenrate weiterhin rückläufig.
Im Schnitt bringt in Deutschland jede Frau 1,4 Kinder zur Welt und somit teilen wir uns in der europaweiten Geburtstatistik die hintersten Plätze mit wirklich armen Ländern, wie Rumänien oder Lettland.
Vielleicht ist es ein Paradoxon, vielleicht liegt es auch daran, dass wir Kinderlärm nicht mehr so gewöhnt sind, auf jeden Fall passt die Tatsache, dass die Umstände hier immer kinderfeindlicher werden, ganz gut zum Trend.
Und wie ich es bereits in diesem Artikel ausgeführt habe, investiert der Staat zuwenig in den Nachwuchs.
Inhalt:
Kinder nicht erwünscht
Dass man sich als kinderloser Tourist nicht unbedingt ein Familienhotel für den Jahresurlaub aussucht, kann ich ja noch verstehen.
Aber dass es in den Großstädten mehrfach Restaurants und Cafés gibt, in denen Kinder ganz einfach nicht erwünscht sind, ist mir unbegreiflich. Ganz zu schweigen von den bösen Blicken, die man von seiner Umwelt ernten kann, wenn sich in der Menge das eigene Kleinkind nicht beruhigen lässt.
Kinderreiche Familien
Je mehr Kinder man hat, umso mehr muss man um Unterbrinungsmöglichkeiten und gesellschaftliche Akzeptanz kämpfen.
Heutzutage kommen Eltern, die sich einer größeren Kinderschar erfreuen, schnell in den Ruf, wahlweise asozial oder zu dumm für die Verhütung zu sein oder einer seltenen Bibelsekte anzugehören.
Dabei sollte doch gerade die Familienplanung jedermanns Privatsache sein.
Wohnraum mit Kind
Richtig problematisch wird es dann, wenn man mit Kindern eine Wohnung oder Haus zur Miete sucht. Manche Vermieter würden lieber auf die in der Anzeige formulierten Bedingung “nur an Nichtraucher” verzichten, als an eine vielköpfige Familie zu vermieten.
Dabei ist es in den Städten nicht besser bestellt, als auf dem Land. Eine Freundin konnte nur mit Hilfe eines Immobilienportals eine ansprechende Wohnung in Berlin für sich und ihre 3 Kinder finden. Eine andere Freundin, glückliche Mutter von 4 Kindern, verzweifelt bald an den kinderfeindlichen Wohnungsangeboten im Nürnberger Raum.
Fazit:
Für einen Anstieg der Geburtenrate hilft es nicht viel, den Paaren mit einem Elterngeld oder “Herdprämie” quasi eine Wurst vorzuhalten.
Es müssen auch die Rahmenbedingungen passen. Dazu gehören anständige Unterbringungsmöglichkeiten, gute Schulen und Wohnraum für Familien mit Kind.
Das wäre dann auch gut gegen eine gewisse soziale Kälte.
Was willst du anderes erwarten, wenn eine frühere Familienministerin – unter Kohl – selbst keine Kinder hat. Und ihr zweiter Mann brachte erwachsene Söhne mit. Andererseits sieht die deutsche Wirklichkeit so aus, dass beide Partner arbeiten müssen, wollen sie sich nur ein bisschen “Luxus” leisten. Und diese Gier nach “Luxus” wurde ja künstlich erzeugt, um das industrielle Wachstum anzuheizen. Frage ich heute Teenager: Was machst du am liebsten? Da höre ich immer wieder: Shopping! Wie schrieb schon Goethe: Die Geister, die er rief …
Dass es sich hier nicht etwa um ein Problem der Wohlstandländer, sondern um ein typisch deutsches Problem handelt, zeigt die Tatsache, dass es sich in etliche der uns umgebenden Ländern völlig entgegengesetzt verhält.
In Frankreich, Niederlanden und Belgien werde z.B. Familien mit viele Kinder hoch angesehen und mit Sympathie und Freunde begegnet. Dort sind Familien mit 5 Kinder nach wie vor keine Seltenheit.
Wenn man an der französischen, belgischen oder niederländische Küste auf der Strandpromenade sitzt, sieht man dort nicht viele einheimische Eltern mit lediglich einem oder zwei Kinder. Aber es laufen dort viele einheimischen Familien mit drei, vier und mehr Kinder herum. Wenn man dort Eltern mit lediglich einem Kind sieht, sind es fast immer Deutsche.
In Gaststätten ist es dort auch völlig selbstverständlich, dass große Familien sich auch dort vollzählig aufhalten. auch wenn da dann mal ein quengelndes Balg dabei ist. Anders als hierzulande sieht man in Belgien und Frankreich in Gaststätten auch am späten Abend noch kleine Kinder, die dort ungeniert herumlaufen und spielen. Wenn es spät wird schlafen kleiner Kinder dort dann auch mal auf irgend eine Bank ein. Kein Mensch käme auf der Idee, sich darüber aufzuregen oder gar zu beschweren.
Dabei sind die vielköpfige Familien in diesen Ländern nicht etwa viel wohlhabender als hierzulande.
Andererseits ist es dort auch völlig normal, dass die Mütter arbeiten gehen, was sich mit der dort vorherrschenden Ganztagsschule und den verfügbaren Krippen und Krabbelstuben gut realisieren lässt. Kein Mensch käme dort auf der Idee, diese Mütter als “Rabenmütter” einzustufen. Schließlich braucht man bei einer großen Kinderschar auch erstens mehr Geld, zweitens auch mal etwas anderes um sich herum als nur Kinder und drittens wozu hat man denn einen Beruf erlernt.
Es ist also wirklich eine gesellschaftliche Einstellung, die dafür maßgeblich ist, ob es viele Kinder gibt oder nicht. So lang die Frage “darf Mama arbeiten gehen” hier überhaupt noch öffentlich diskutiert wird und Spielplätze wie Kindergärten als Zumutung für die Nachbarschaft angesehen werden, wird sich daran wohl nicht so schnell etwas ändern.
@Kiat: Ich muss dir mal zur Hälfte widersprechen. Einerseits wird durch Industrie und Werbung durchaus ein künstlicher Bedarf nach Smartphone, Klamotten oder Nagellack gefördert.
Andererseits wäre auch ich als Teenie gerne Dauershoppen gegangen, wenn ich das Geld gehabt hätte.
;-)
Aber immer häufiger ist es so, dass beide Partner arbeiten gehen müssen, weil von dem Lohn des einen die Miete gezahlt werden muss. Oder es ist ganz einfach kein Partner mehr da, weil die Eltern getrennt sind.
Aber ich meine auch, dass es früher leichter gewesen ist, arm zu sein.
LG
Sabienes
@Leo: Ähnliche Beobachtungen habe ich auch gemacht, wobei ich festgestellt habe, dass sich die französischen Kinder besser benehmen. Das hat mir auch Sohn 2 nach einem Jahr Frankreich bestätigt.
Es ist aber wirklich ein Unding, wie hier die Familien verarscht werden. Zuerst den Frauen gute Ausbildungen angedeihen lassen – jaja, auch Mädchen sollen in traditionelle Männerberufe rein usw. – und dann monatelang über eine beschissene Frauenquote und über Kinderbetreuung diskutieren, andererseits eine Lohnpolitik fördern, die zur Folge hat, dass auch die Väter sich schwer tun, ihre Familie zu ernähren. Nach wie vor bist du vielleicht als Mädchen besser dran, wenn du Krankenschwester oder Verkäuferin lernst. Dann kannst wenigstens mal stundenweise im Niedriglohnbereich arbeiten, wenn die Kinder da sind.
LG
Sabienes
Das ist nicht einmal eine Frage der Kinderanzahl. Selbst mit einem Kind haben wir ewig gesucht, oftmals hieß es dann, das wäre den Nachbarn nicht zuzumuten oder allgemein zu laut. Auch der Zerstörungsfaktor sei zu hoch.
Schade eigentlich, aber man kann daran ja als Mieter oder Mietinteressent wenig ändern…
@Hauke: Am besten, man vermietet an ein rüstiges Rentnerehepaar. Die sind solide und halten die Kellertür geschlossen.
LG
Sabienes
Verglichen mit vielen anderen Ländern Europas ist unsere Gesellschaft schlicht kinderfeindlich. Auch das marode Schulsystem ist ein Beweis für die miserable Familien- und Bildungspolitik.
Das Vermieter lieber Raucher nehmen, als Familien mit Kindern ist außerdem ein Beispiel für die veränderten Grundwerte unserer Gesellschaft.
Deutschland ist auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft. Allerdings haben wir und die von uns gewählten “Volksverräter” das versaut.
LG
Manni
@Manni: Aber schon allein der Umstand, dass wir solche Nasen gewählt haben (ich ja nicht, aber dennoch) ist doch schon symptomatisch, oder?
LG
Sabienes
Nun ja, es gibt ja keine wirklich gute Wahl. :???:
Das ist auch der Grund warum (fast) alle, auch ich, sagen sie hätten die ja nicht gewählt. :razz:
LG
Manni
@Manni: Ja, das ist in der Tat so ALTERNATIVLOS, wirklich wahr.
Auf die Frage “Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, was würden Sie dann machen?” antworten viele mit “Tatort gucken…” ;-)
LG
Sabienes
Tatort Politik? :grin:
@Manni: LOL. Auch.
LG
Sabienes
@Daggi: Zwischen “Not und Elend” ist eine nette Umschreibung. ;-) Wenn die Wähler Splitterparteien wählen, dann gehen sie wenigstens zur Wahlurne und tun ihre Meinung kund. Aber viele wollen das auch nicht mehr machen, was an sich eine ganz schlechte Entwicklung ist.
LG
Sabienes
Hallo,
wir wohnen in einer Urlaubsregion, ich kenne hier kein Restaurant wo Kinder unerwünscht sind ;-) Solche Restaurants würde ich auch nicht betreten, wäre ich mit meinem Mann alleine unterwegs.
Familien mit mehreren Kindern haben es schon schwer eine Wohnung zu finden, da stimme ich Dir zu, aber auch mit nur einem Kind/Kleinkind ist es schon schwer, es könnte ja Draußen spielen und Lärm machen, zudem kann man sich viele Wohnungen nicht leisten, weil sie schlichtweg zu teuer sind, wenn ein Elternteil noch zu Hause bleibt beim Kind :-(
Lg Carmen
@Carmen: Es gibt solche Restaurants in Frankfurt und ganz seltsam: in Schweden, glaube Stockholm. Und das Beispiel macht wohl Schule.
LG
Sabienes
Ist es eigentlich legal, Eltern mit Kindern den Zugang zu einem Restaurant oder Gaststätte zu verwehren?
Das ist doch Diskriminierung, und die ist ja gesetzlich verboten.
@Leo: Anscheinend schon. Als Wirt hat man doch Hausrecht, oder?
LG
Sabienes
Das Hausrecht darf nicht willkürlich ausgeübt werden. Es wäre z.B. nicht nur nicht zulässig, sondern sogar strafbar, jemand wegen seiner Hautfarbe oder Behinderung den Zutritt zu verweigern, was früher durchaus passierte, aber seit der Anti-Diskriminierungsgesetz nicht mehr geht. M.E. könnte das wohl auch auf Eltern mit Kindern angewandt werden. Ich weiß aber nicht, ob sich da schon mal jemand darauf berufen hat und ggf. geklagt hätte.
@Leo: Ich kenne die rechtlichen Grundlagen nicht, Leo. Was mich aber wirklich wundert, dass man sowas sogar in Stockholm macht. Wo gehen denn die Muttis der Bullerbü nun zum Cappu-Trinken hin? ;-)
LG
Sabienes