Leere Herzen – Ein dystopischer Roman von Juli Zeh

16. Februar 2018 Aus Von Sabiene
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Leere Herzen – Empty Hearts

Deutschland im Jahr 2025. Angela Merkel und Martin Schulz sind unrühmlich aus der Regierung ausgeschieden. Dafür hat nun die neugegründete Besorgte-Bürger-Bewegung (BBB) unter Regula Freyer die Macht übernommen. Unter dieser rechtskonservativen, nationalistischen Partei gibt es zwar einen Mindestlohn, dafür aber mehr Überwachung und öffentlichen Massensport.
Die geschäftstüchtige Britta Söldner betreibt mit ihrem Freund Babak, einem schwulen Iraker mitten in Braunschweig eine Heilpraxis für Selbstoptimierung und bietet dort “Life-Coaching, Self-Managing, Ego-Polishing” an.
In Wirklichkeit vermittelt sie suizidgefährdete Personen als Selbstmordattentäter an gemeinnützige und terroristische Organisation. Dieses mörderische Geschäft hat sie zu einer wohlhabenden Frau gemacht. Das Start-Up von ihrem Mann wird genauso finanziell unterstützt, wie der Hauskauf ihrer Freunde. Aber plötzlich gibt es Konkurrenz. Eine Organisation namens Empty Hearts veranstaltet ein ziemlich schlampiges Selbstmordattentat in Leipzig.
Gleichzeitig bekommt ihr Ehemann ein Angebot von einem Investor, das er nicht ablehnen kann.

Britta und Babak müssen handeln.
Denn es geht um Leben und Tod.

Juli Zeh

Die Juristin und Schriftstellerin Juli (Julia Barbara) Zeh, Jahrgang 1974 wurde das Interesse an Politik mit in die Wiege gelegt. Denn immerhin war ihr Vater Wolfgang Zeh von 2002 bis 2006 Direktor beim Deutschen Bundestag. Ihr politisches Engagement setzte sie bislang als Juristin und als Literatin mehrfach ein. Spätestens seit ihrem 2016 erschienen Roman Unterleuten ist sie aus dem deutschsprachigen Literaturbetrieb nicht mehr wegzudenken.
Frau Zeh lebt mit ihrer Familie in Brandenburg.

Leere Herzen – Meine Meinung

Leere Herzen ist das erste und bislang einzige Buch, das ich von Juli Zeh gelesen habe. Bei dem Titel befürchtete ich anfangs, dass ich es hier im schlimmsten Fall mit einer schmalzigen Liebesgeschichte zu tun haben werde.
Und gleich im ersten Kapitel war ich schon fast so weit, dass ich das Buch angesäuert weglegen wollte. Denn am Anfang wird eine häusliche Szene beschrieben, bei der zwei befreundete Familien an einem lauen Frühsommerabend gemeinsam essen. Es wird ein gutbürgerliches Klischee mit Shushi, Prosecco und glücklich glucksendes Kinderlachen aus dem Kinderzimmer beschrieben, bei dem man eine partnerschaftliche Nabelschau erwartet.
Eigentlich glaubte ich zu wissen, wo das nun hinführen wird … Aber es kam ganz anders und ich bin froh, dass ich weitergelesen habe.

Hinter diesem Idyll der satten Gutbürgerlichkeit steckt eine knallharte Macherin, die sich in einer entmoralisierten Zeit nicht den Luxus eines Gewissens erlauben will und vielleicht auch nicht kann. Denn die politischen Zeiten werden zunehmend schwieriger und härter. Britta ist getrieben von dem Wunsch, sich und den ihren eine geordnete, überschaubare Existenz zu ermöglichen, bei der es an nichts mangelt. Und was sind schon Selbstmordattentate! Dabei wird von den Auftraggebern wenigstens noch einer einem Ideal, für das es sich zu kämpfen lohnt, nachgegangen.
Doch immer wieder erinnert sich Britta an früher. Wie sie nach der Wende mit ihren Eltern nach Krakau gefahren ist und sich gefreut hat, dass nun allen alles offen steht. Oder an die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, dem Sommermärchen. Als wir alle so glücklich gewesen sind, obwohl wir gar nicht wussten, wie glücklich.

Und das ist zugleich Juli Zehs Anklage: Wir haben nämlich unser Glück verspielt. Weil wir so unzufrieden gewesen sind, uns haben entpolitisieren lassen und unser Wahlrecht gegen eine Waschmaschine eingetauscht haben.

Fazit:

Einen engagierten oder zum Engagement aufrufenden Politthriller vordergründig in einen Familienroman mit leichter Sprache zu packen, halte ich für einen sehr geschickten Schachzug von der Autorin. Anders als bei dem Werk Unterwerfung von Michel Houellebecq, eine großartige, aber schwere Kost, zeigt Juli Zeh hier mit leichter Hand, wie sich politische Veränderungen auf unser aller Leben auswirken können.

Mich hat gerade die Nähe zur aktuellen politischen Situation in Deutschland sehr mitgenommen. Als ich mit dem Buch begonnen hatte, waren gerade die Jamaika-Verhandlungen geplatzt und eine erneute GroKo lag noch in weiter Ferne. Dafür sah man allenthalben feixende AfD-Mitglieder, die in sämtlichen Talk Shows schon fast hofiert wurden.
Die Politikverdrossenheit im Volk ist schon ein schlechtes Zeichen an sich. Wenn man aber noch den Eindruck hat, dass führende Politiker davon betroffen sind, ist das um so schlechter.

Das Buch erhält meine uneingeschränkte Leseempfehlung und ich kann jedem nur raten, sich nicht vom ersten – äußeren – Schein täuschen zu lassen.

Übrigens habe ich das Hörbuch bei Lovelybooks gewonnen – Vielen Dank dafür!

Bibliografisches

leere herzen juli zeh buchcover

Bibliografisches zu dem Buch “Leere Herzen” von Juli Zeh

  • Titel: Leere Herzen
  • Autor: Juli Zeh
  • Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
  • Verlag: Luchterhand Literaturverlag (13. November 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3630875238
  • Preis Stand Februar 2018: 20,00 € (Gebundene Ausgabe), 15,99 € (Kindle Edition), 12,99 € (Audio-CD, gesprochen von Ulrike C. Tscharre)
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(Alle Angaben ohne Gewähr)

Mit dieser Rezension beteilige ich mich an Daggis Buch-Challenge 2018, Aufgabe 18: Lese ein Buch in dem Politik oder Religion eine Rolle spielen.

Alle Fotos: Leere Herzen – Ein dystopischer Roman von Juli Zeh ©sabienes.de
Text: Leere Herzen – Ein dystopischer Roman von Juli Zeh ©sabienes.de
Zusammenfassung
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Gegenstand
Leere Herzen von Juli Zeh
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